Direkt zum Inhalt

BIM Champions im Interview: Das Projektteam vom Gasteig über Vorteile der digitalen Baustelle    

26.10.2021

Bild: HENN Architekten / Gasteig München

Im Interview mit den Projektverantwortlichen Michael Padberg und Juditha Frankenberg vom Gasteig München, Thomas von Küstenfeld von HENN Architekten und Dr. Thomas Liebich von AEC3 hat buildingSMART Deutschland nach einer Einschätzung zu den Chancen der digitalen Baustelle gefragt. Außerdem geben die Interviewpartner Tipps, wie kleine und mittlere Unternehmen an das Thema Digitalisierung herangehen können und wagen einen Ausblick in die Zukunft. 

Erstmalig in diesem Jahr hat buildingSMART Deutschland fünf BIM Champions gekürt. Mit den BIM Champions werden herausragende Leistungen und Projekte rund um Building Information Modeling (BIM) gewürdigt. In der Kategorie Planung hat das Projektteam der Sanierung des Münchner Kulturzentrums Gasteig mit HENN Architekten und AEC3 Deutschland den BIM Champion 2021 gewonnen. 

Der Gasteig in München ist eines der größten Kulturzentren Europas und umfasst den großen Konzertsaal Philharmonie, zahlreiche Veranstaltungsräumlichkeiten und den Sitz der Münchner Philharmonie, der Münchner Volkshochschule, der Münchner Stadtbibliothek und der Hochschule für Musik und Theater München. Nach über 30-jährigem Betrieb bietet die Generalsanierung die Chance, den Gasteig neu aufzustellen. Bereits in der Vorbereitungsphase 2017 reifte bei der Projektleitung des Gasteig die Idee, eine solche Zukunftsaufgabe mit der zukunftssicheren Planungsmethoden BIM umzusetzen – eine für kommunale Auftraggeber einmalige Weichenstellung, zu diesem Zeitpunkt.

Die BIM Champions gehen kommendes Jahr in eine neue Runde und werden beim nächsten buildingSMART-Anwendertag am 3. Mai 2022 in Dresden gekürt. Bewerben können Sie sich bis zum 30. Oktober 2021 in mehreren Kategorien hier. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen! 

Welche Möglichkeiten für Unternehmen gibt es bereits auf der digitalen Baustelle zu arbeiten?

Der Begriff „die digitale Baustelle“ impliziert in gewisser Weise, dass wir in Deutschland bereits wissen, was digital bauen bedeutet. Wir stehen jedoch noch ganz am Anfang. Die Abläufe und die Umsetzung haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum geändert. Zwar haben wir immer neuere und bessere Baustoffe und Bautechniken, das Vorgehen hat sich kaum geändert. Dennoch öffnen sich auch in der sehr konservativen und traditionellen Bauindustrie erste digitale Fenster. Inzwischen etabliert sich die BIM-Methode in der Planung der Gebäude. Es stehen somit immer mehr digitale Daten und Gebäudemodelle zur Verfügung.  Dies hat auch Einfluss auf die Baustelle. In immer mehr Baucontainer halten digitale Werkzeuge Einzug. Die Ausführung wird immer mehr durch digitale und mobile Möglichkeiten unterstützt – von der BCF-Kommunikation (BIM Collaboration Format, Anmerkung der Redaktion) mit der Planung über gemeinsame Datenplattformen bis hin zu mobilen Apps, die Planunterlagen, 3D-Modelle und Informationen für die Bauleitung immer und überall vorhalten. Das Daten-Modell kommt von der Planung auf die Baustelle.  Hinzu kommen auch immer mehr Weiterentwicklungen, wie in digital unterstützten, direkt aus den BIM-Daten abgeleiteten Optionen zur Vorfertigung und zur Baulogistik. In diesem Bereich zeigen sich schon so einige vielversprechende Ansätze. BIM hat bereits die Abläufe und Prozesse verändert. Mit BIM ist es leichter vorzufertigen, nicht nur Schalungen oder Halb- und Fertigteile im Betonbau, sondern auch in der TGA lassen sich als Teilsysteme wetterunabhängig vorbereiten. Vor Ort wird mit digitaler Unterstützung dann vor allem montiert. Von Robotern, die ganze Gebäude aus digitalen 3D-Daten drucken, schweißen und zusammenbauen sind wir aber noch weit entfernt.

Wie können kleine und mittlere Unternehmen am besten an das Thema Digitale Baustelle/ Digitalisierung auf der Baustelle herangehen?

Am wichtigsten ist sicher, sich klar zu werden, wo man am ehesten von einer Digitalisierung profitieren kann. Ist es durch Verbesserung der Produktion, also in Vorfertigung oder Montage. Gibt es hier Anknüpfungspunkte, die man digital umsetzen kann, um so Zeit oder Ressourcen zu sparen. Kann ein digitales Datenmodell helfen, nachhaltiger zu wirtschaften und somit auch konkurrenzfähiger zu sein? Viellicht ist es aber auch die Kalkulation oder die Abrechnung auf digitaler Modellbasis, die für das Unternehmen Vorteile verspricht. Wer sich nicht über die Prozesse im Klaren ist, kann diese nicht verbessern. Konkret sollte man beginnen, die BIM-Welt der Planung zu verstehen, dort einzutauchen und die Möglichkeiten eines Digitalen Modells verstehen lernen. BIM als Kommunikationsmittel einzusetzen erlaubt einen sehr niederschwelligen Einstieg – noch dazu kostengünstig. Ein IFC-Modell im Viewer kann jeder ansehen und so das Verständnis für das Bau-Soll erhöhen und Fragen zur Umsetzung leichter stellen. Darauf aufbauend können dann die eigenen Prozesse angegangen werden. Schon heute lassen sich die Vorteile der BIM-Modelle erkennen, Angebote, Ausschreibungen und Abrechnungen werden immer mehr auf der Basis von Modellen umgesetzt. Einer durchgängigen digitalen Vergabe kommen wir schon deutlich näher.

Wo sehen Sie Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen?

Kleine und mittlere Unternehmen stehen oft unter besonders hohem wirtschaftlichem Druck. Hier die notwendige Zeit und auch die notwendigen finanziellen Mittel für eine Investition zu finden ist nicht einfach. Auch ist das Know-How für digitale Strategien und für die Umsetzung im Bau am Markt schwer zu bekommen – Digitalisierung muss erarbeitet werden. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist es wichtig sich zu vernetzen. Am besten regional, um auch so voneinander lernen zu können und letztlich in der Belegschaft so das Verständnis zu schaffen und fördern zu können. Die kontinuierliche Weiterbildung und Fortbildung ist oft noch eine große Hürde, gerade im digitalen Umfeld. Ein Risiko ist sicherlich, dass zukünftig auch die öffentliche Vergabe stärker an die BIM-methode gekoppelt sein wird – in der Planung ist es bereits vielfach der Fall. Wer nicht vorbereitet ist, wird es schwer haben, oder sogar aufgrund der Anforderungen ausgeschlossen sein.

Können Sie uns einen Ausblick geben – Wohin entwickelt sich die digitale Baustelle?

Der nächste Schritt ist sicherlich, die stärkere Nutzung der Daten aus der Planung vor Ort – ob als Kommunikationsmittel oder als Mittel für mehr Vorfertigung. Schon bald wird das Smartphone das Baubüro für die Hosentasche sein. Das 3D-BIM-Modell wird ein wichtiger Begleiter im Alltag sein, um Bauabläufe zu verbessern und das Verständnis vor Ort für das Bau-Soll erhöhen. Maße werden direkt aus dem Modell auf der Baustelle sichtbar und mittels AR die Ausführung unterstützt werden. Der Soll-Ist Abgleich bietet sich ebenfalls als ein Feld für Innovationen an – vom gemeinsamen digitalen Aufmaß auf Modellbasis bis hin zu 360 Grad Aufnahmen und Laserscans zum Abgleich. Im Infrastrukturbereich liefern schon heute Baumaschinen eine Vielzahl von Datenpunkten, auch dies wird weiter zunehmen. Wir werden diese Daten verstärkt nutzen und auswerten. Das Wissen über den Status wird so immer mehr in die Datenmodelle und BIM-Daten einfließen. Der Bauleitungsprozess und die Baulogistik werden davon profitieren. Erst danach wird man über Automatisierung und Optimierung von Arbeit sprechen.  

Wir danken herzlich für das Interview. 

Dieser Artikel erscheint parallel auch auf der Webseite des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen. buildingSMART Deutschland ist Partner des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen und übernimmt für dieses vor allem Aufgaben im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen der Bauwirtschaft bei der Digitalisierung. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Weitere News

Wir verwenden Cookies um die Website für unsere Besucher weiter optimieren zu können. Dazu werden einige essentielle Cookies eingesetzt und es gibt optionale Cookies die zum Aufzeichnen des Nutzerverhaltens dienen. Wenn Sie die Aufzeichnung des Trackings unterbinden möchten, nutzen Sie den Button "Ablehnen", ansonsten klicken Sie bitte auf "Akzeptieren" und unterstützen uns damit, die Webseite stetig verbessern zu können. Weitere Details zur finden Sie in unseren Datenschutzbedingungen.